Stiefmütterchen auf der Brieftasche

Brieftasche

Die Tasche bzw. der Beutel gilt als das älteste Accessoire, weil der Mensch als Jäger und Sammler schon immer das Bedürfnis nach Tragebehältnissen hatte. Diese hießen in früheren Zeiten Gürteltaschen, Jagdtaschen; Börsen; Arbeitsbeutel, Botentaschen, Geldkatzen (gürtelartige Schlauchbeutel); Geldstrümpfe, Ranzen (bäuerliche Ledergürtel), Gebetsbuchtaschen, Ridicule (Beuteltaschen mit Netz), Pompadours, Aktenmappen und Brieftaschen. Aus diesen verschiedenen Typen entwickelte sich gegen Ende des 19. Jahrhunderts die moderne Damenhandtasche.

 

Auch im Heimatmuseum gibt es eine Vielzahl von verschiedenen Taschen. In einem der zahlreichen Kartons im Depot schlummert eine reizende Damenbrieftasche in der Form eines Kuverts. Sie ist 1925 als Geschenk des Ziegeleibesitzers Georg Wolf Senior in die Sammlung gekommen. Die weibliche Handarbeit wurde in der Mitte des 19. Jahrhunderts aus cremefarbener Seide gefertigt, durch Karton versteift und mit Stickereien versehen. Mit einem Stoffband lässt sich die Tasche verschließen.

 

Der Typus der Brieftasche entstand durch den fortschreitenden Ausbau des Postwesens im 17. Jahrhundert und dem damit verbundenen Briefverkehr. Man steckte sie wie Börsen in die Gewandtasche. Sie waren häufig kostbar verziert und bestickt. So weist auch die Tasche in Schnaittach kunstfertige Motive auf. Auf der Vorderseite ist ein laufendes Hündchen mit Rankenwerk und rosa Blüten zu sehen, rückseitig wachsen Stiefmütterchen aus zwei zusammengebundenen roten Herzen. Die Brieftasche war wohl ein Brautgeschenk, vermutlich von der Mutter an die Tochter. Die Stiefmütterchen als Symbol des Andenkens und der Erinnerung könnten darauf verweisen.

Kaum ein anderes Accessoire wurde so häufig mit Liebessymbolik ausgeziert wie die Brieftasche. So ist auch bei dieser Tasche der Symbolgehalt und die persönliche Wertschätzung noch immer zu spüren.

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(c) Dr. Nicole Brandmüller-Pfeil

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